Rieselfelder - eine ökologische Herausforderung
Entstehung und Geschichte der Rieselfelder
1871 lebten in Berlin fast 1 Million Menschen. Ihnen stand zu der Zeit bereits eine zentrale Wasserversorgung mit WC´s zur Verfügung. Dennoch wurden die Abwässer oberirdisch in offene Kanäle abgeleitet, was neben der Geruchsbelästigung auch zur Verschlechterung der hygienischen Zustände führte. Krankheiten und Infektionen konnten sich aufgrund der mangelnden Hygiene sehr schnell ausbreiten. Dies und die zunehmende Industrialisierung, die ein erhöhtes Schmutzwasseraufkommen mit sich zog, bedingten gleichfalls erste Vorschläge zum Bau einer Mischwasserkanalisation und der Anlage von Rieselfeldern zur Reinigung Berlins.
In und um Berlin wurden somit eine vielzahl Rieselfelder angelegt, die mittlerweile aber alle außer Betrieb sind. Viele dieser Rieselfelder, speziell die in den neuen Bundesländern, waren noch bis in die späten neunzehnhundert achtziger Jahren in Betrieb. Heute übernehmen Klärwerke die Funktion der Abwasserreinigung.
Funktionsweise Rieselfelder
Der Prozess der Verrieselung ist eines der ältesten auf dem Land genutzten Verfahren zur Aufbereitung und Reinigung von Wasser. Rieselfelder bestehen aus sogenannten Rieselgalerien oder auch Rieseltafeln genannt. Dies sind mehrere hinter- bzw. nebeneinander angeordnete Becken, die von Erddämmen umgeben waren, um das Abwasser aufzunehmen. Durch Kanäle waren diese Becken miteinander verbunden.
Rieselfelder in Wartenberg 1930
Das nicht vorgereinigte Abwasser (Schwarzwasser) wurde über Druckrohrleitungen der Stadt Pumpenwerke in das sogenannte Absetzbecken (zumeist Erdbecken ohne Abdichtung) geleitet. Im Anschluss wurden mittels Überläufe die Abwässer nach und nach auf alle offenen Becken geleitet.
Auf diese Weise wurden in Berlin zwischen 1.000 mm/a und 4.500 mm/a Abwasser pro Jahr zum Versickern auf diesen Flächen ausgebracht. Ließ die Versickerung mit der Zeit nach, wurde die oberste verstopfte Bodenschicht der Becken abgetragen und auf die Dämme geschüttet.
Schwermetallbelastung der Rieselfelder
Durch die Industrialisierung stieg auch die Menge an Industrieabwässern stark an. Mit den industriellen Abwässern gelangten immer größere Mengen Schwermetalle und organische Schadstoffe in die Böden. Alle Rieselfelder stellen somit ein erhebliches Altlastenproblem dar.
Die Böden der ehemaligen Rieselfelder sind teils massiv mit Cadmium, Chrom, Kupfer, Quecksilber, Nickel, Blei und Zink kontaminiert. Diese im Boden gebundenen Schwermetalle stellen ein nicht unerhebliches Gefährdungspotential dar. Im Umweltatlas der Berliner Stadtentwicklung heißt es dazu: “Die ermittelten Belastungen sind lokal so hoch, dass gesundheitliche Risiken bei direktem Bodenkontakt nicht auszuschließen sind.” (https://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas/d110_03.htm)
Blankenburger Rieselfeld
Das Blankenburger Rieselfeld wurde erst in den siebziger Jahren stillgelegt und umfasst eine Fläche von ca. 84 ha. Ein Bodengutachten welches für den Bau der Schule Heinersdorf durch den Senat beauftragt wurde bestätigt das Vorhandensein einer nicht unerheblichen Anzahl an Schwermetallen im Boden. Im Speziellen überschreiten hier die Werte für Blei und Quecksilber die gesetzlichen Richtwerte für einen Schulbau. Weiterhin wird im Gutachten empfohlen, den Boden großflächig abzutragen und fachgerecht zu entsorgen.
Da das Bodengutachten des Berliner Senats nur einen kleinen Teil des Blankenburger Rieselfeldes betrifft, sollten weitere Altlastenuntersuchungen des Blankenbuger Rieselfeldes durchgeführt werden. Hierbei bedürfen folgende Teilflächen einer speziellen Untersuchung da in diesen Bereichen die Bodenbelastungen am stärksten sind:
- Rieseltafeln mit Dämmen und Wällen
- Absetzbecken
- Grabensystem
- Intensiv Filterflächen
- Vorfluter
- Lagerplätze für Klärschlämme
Cadmium-Gehalte (mg/kg) und Humusgehalte (%) im Oberboden der Rieselfelder Berlin Buch in Abhängigkeit von der Lage innerhalb einer Rieselgalerie Quelle: HOFFMANN 2002 entnommen aus STROHBACH et al. 1992
Gefahren der Bebauung des Blankenburger Rieselfeldes
Wenn selbst die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen vor der gravierenden Schadstoffbelastung von Rieselfeldern warnt (https://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas/d110_03.htm), drängt sich die Frage auf, warum das Blankenburger Rieselfeld für den Wohnungsbau genutzt werden soll.
Viele Umweltverbände sehen selbst die derzeitige landwirtschaftliche Nutzung als kritisch, da somit Schadstoffe in den Nahrungskreislauf gelangen können.
Dennoch sollen laut Senatsverwaltung auf dem Blankenburger Rieselfeld 6.000 Wohnungen, Schulen, Kitas und Gewerbe entstehen. Um dies zu realisieren muss die entsprechende Anbindung an das Strom- Wasser- und Abwassersysteme geschafft werden. Diese Versorgungssysteme verlaufen zum größten Teil unterirdisch. Auch für die Fundamente und Keller wird ein Bodenaushub nötig sein.
Diese Maßnahmen hätten schließlich eine Bewegung des Bodens zur Folge. Dort gebundene organische Stoffe und Schwermetalle würden ebenfalls in Bewegung kommen und ggf. freigesetzt werden. Durch Wind und Staub könnten sich diese Schadstoffe weitflächig verteilen und über Mund und Nase eingeatmet werden, sowie durch Ablagerungen auf Nahrungsmittel in den Körper gelangen. Durch Erdarbeiten kann es zudem zu einer Veränderung des Grundwassers und dessen Fluss kommen. Noch im Boden befindliche Schadstoffe könnten gelöst und in das Grundwasser gelangen.
Zusammenfassend sind Rieselfelder aus vielerlei Hinsicht als eine ökologische Herausforderung einzustufen. Durch die Schadstoffbelastungen im Boden ehemaliger Rieselfelder und die damit resultierenden gesundheitlichen Gefahren, sollte eine Nutzung jeglicher Art, nur unter strengsten umweltlichen Richtlinien stattfinden.